Oliver Hohmeier

Ostermann

Als Gast Oliver Hohmeier

Ostermann

Kapitel Thema Zeitpunkt
Kpt. 1 Oliver Hohmeier bei Ostermann 00:14
Kpt. 2 Corona in der Möbelbranche 01:25
Kpt. 3 Ostermanns Multichannel-Strategie 04:50
Kpt. 4 Die Preis-Strategie in der Branche 07:15
Kpt. 5 Oder wie man sich vom Wettbewerb absetzt 11:55
Kpt. 6 Optimierung der Lieferketten 15:30
Kpt. 7 Entwicklung neuer Trends 17:45
Kpt. 8 Individualisierung und Automatisierung 19:47
Kpt. 9 Tendenz zur puristischen Einrichtung 22:00
Kpt. 10 Einkaufserlebnisse in Möbelhäusern 24:35
Kpt. 11 Antiquierte Prozesstechnik als Showstopper 28:58
Kpt. 12 Ostermann und Social Media 30:53
Kpt. 13 Retouren von Möbeln 32:55
Kpt. 14 Was Ostermann für die Zukunft plant 35:00
Kpt. 15 Das Geheimnis nachhaltigen Erfolgs 38:04
Kpt. 1

Oliver Hohmeier bei Ostermann

Stefan Hamann: Moin, Hallo und Servus bei „Dreimal Digital“, beziehungsweise heute zweimal digital, denn der liebe Marcus Diekmann spricht gerade in diesem Moment vor dem EU-Parlament. Heute im virtuellen Studio zu Gast: Oliver Hohmeier, Leiter E-Commerce bei dem Familienunternehmen Ostermann, Betreiber von vielen unterschiedlichen Möbel- und Einrichtungshäusern. Erst einmal ein herzliches Willkommen an Oliver! Ein Hallo auch an den lieben Michael! Oliver, magst du dich einmal kurz vorstellen?

Oliver Hohmeier: Ja, gerne! Erstmal Hallo ihr beiden! Ja, Oliver Hohmeier aus dem Hause Ostermann. Ich bin schon seit 29 Jahren hier bei uns. Ich komme klassisch aus der IT-Abteilung, und bin jetzt seit 9 Jahren für den Geschäftsbereich E-Commerce Multi-Channel verantwortlich mit allen Themen im digitalen Bereich, die sich da irgendwie so umtreiben und natürlich auch zum Shopware-Umfeld.

Kpt. 2

Corona in der Möbelbranche

Stefan Hamann: Ja, vielen Dank Oliver. Ich starte mal direkt mit der ersten Frage. Die erste Frage ist in diesen Zeiten relativ einfach zu erraten. Und zwar geht es um Corona natürlich, und ein bisschen stellt sich mir die Frage: Corona hat ja einen großen Einfluss auf unterschiedliche E-Commerce-Branchen, wie sieht das denn bei euch konkret aus? Also im Möbelmarkt generell von dem, was du als Branchenexperten auch mitkriegst, aber natürlich insbesondere auch bei Ostermann. Kannst du dazu etwas sagen?

Oliver Hohmeier: Ja. Also ich glaube tatsächlich ist die Branche, ein Profiteur von der Krise kann man jetzt, glaube ich, nicht sagen, das wäre übertrieben, aber ich glaube dafür, dass die Leute so wenig reisen können und sehr wenig machen, gehört die Möbelbranche schon zu den Bereichen, die momentan noch sehr, sehr gut funktionieren. Wir sind sehr, sehr happy noch mit der Situation aktuell. Bei uns ist das natürlich relativ gut aufgestellt, weil wir in der Lockdown-Phase zu Anfang des Jahres glücklicherweise einen funktionierenden E-Commerce Bereich hatten, der uns natürlich da weitergeholfen hat, als die stationären Läden dann zumachen mussten. Momentan ist für uns alles noch okay. Es gibt natürlich Verzögerung in den Lieferketten. Wir handeln ja hauptsächlich mit Möbeln und weniger mit Fachsortimenten und da ist halt das Problem mit den Zulieferern. Aber das ist ein Thema, welches uns wahrscheinlich Mitte nächsten Jahres erwischen wird.

Stefan Hamann: Ja. Habt ihr denn etwas gemerkt, wie sich die Verteilung der Umsätze zwischen euren Retail-Läden und euren Online-Shops verändert hat? Ist das gleich geblieben von der Verteilung? Gibt es einen klaren Trend Richtung Online? Ist das Publikum in euren stationären Läden rückläufig? Kannst du dazu etwas sagen?

Oliver Hohmeier: Also rückläufig glücklicherweise nicht, sondern wir haben da eher ein leichtes Frequenz-Plus. Wir vergleichen das immer gerne mit den Vorjahresmonaten, damit wir so die saisonalen Schwankungen mit drin haben. Das funktioniert eigentlich noch ganz gut, aber Online, glaube ich, wie in vielen Branchen ist das natürlich ein Hype gewesen, der auch bis heute noch anhält. Also wir haben da reichlich prozentuale Zuwächse, gerade glaube ich so in den Bereichen, ich sage mal, wir verkaufen ja auch Büromöbel. Also alle Leute, die jetzt ins Homeoffice müssen, ist, glaube ich, der Online Player, der entsprechende Büromöbelverkauf vom Schreibtisch, Bürostuhl, ist schon einer der Gewinner aus diesem Bereich.

Stefan Hamann: Ja, absolut. Das macht hochgradig Sinn. Was glaubst du denn persönlich, wie nachhaltig diese Effekte sind? Ich meine, Corona wird uns ja aller Voraussicht nach noch relativ lange begleiten. Das, was wir dieses Jahr gesehen haben am E-Commerce Wachstum, ist ja enorm. Glaubst du, dass das nachhaltig ist? Also auch dadurch, dass Zielgruppen oder Kundengruppen im Grunde ja immer stärker lernen, Dinge auch online zu kaufen, noch viel, viel mehr eigentlich, als man es ohnehin schon gewöhnt war. Oder glaubst du, dass sich das ein Stück weit auch wieder normalisiert?

Oliver Hohmeier: Also ich persönlich glaube, das ist nachhaltig ist, weil sehr, sehr viele, die es vorher vielleicht nicht gemacht haben, also online eingekauft oder sich generell mit diesen ganzen Prozessen beschäftigt, dass die jetzt einfach auf den Geschmack gekommen sind. Und ich sage mal, bei den Playern, wo es wirklich exzellent funktioniert, bis hin zur Logistik, ich glaube schon, dass das nachhaltig bleibt, dass die Leute dann mehr in den Online-Bereich abgewandert sind, als sie es unter normalen Umständen gemacht hätten.

Kpt. 3

Ostermanns Multichannel-Strategie

Michael Atug: Jetzt kommt auch mal meine holde Stimme ins Rennen hier, Jungs, nicht dass ihr mich hier vermisst. Oliver, du hast gerade am Anfang gesagt, dass ihr doch ziemlich gut aufgestellt seid online. Da klingelt bei mir so ganz zart im Öhrchen so eine Glocke und sagt: Was? Ein Möbelhändler sagt das von sich selber? Nicht böse sein, aber da gibt es bei vielen echt noch Potenzial ohne Ende. Jetzt hast du mich natürlich ein bisschen neugierig gemacht. Vielleicht kannst du uns mal ganz kurz sagen, weil du auch das Wort Multi-Channel nochmal schön betont hast. Wo seid ihr denn überall vertreten? Was macht ihr? Habt ihr nur einen Shop? Seid ihr auf Marktplätzen? Wo treibt ihr euch da überall rum?

Oliver Hohmeier: Ja, also von der Basis her betreiben wir vier Online-Shops, das hat ein bisschen was damit zu tun, wie wir vom Marketing aufgestellt sind, also wir haben eine Mitnahmeschiene und wir haben ein klassisches Möbelhaus, Erlebniswelt, Markenreich. Und dann haben wir einen reinen Online-Pure-Player. Also darum halt die drei bzw. vier Online-Shops, die wir betreiben, ist ein bisschen sortimentsbedingt. Und ja, deine Frage, also von der Basis her, wir versuchen halt so eine Web-Exzellenz hinzubekommen, ist halt wirklich unsere Online-Shops, und die speisen wir im Regelfall ganz normal über Google, Google Shopping, Preissuchmaschinen, und fangen jetzt erst an seit circa vier Monaten, dass wir mal auf Ebay bisschen was listen, also die Marktplätze ein bisschen erforschen, sind gerade im Onboarding für Amazon. Ja, warum qwir das jetzt erst machen, ist relativ einfach, wir mussten es bisher noch nicht. Also wir haben jetzt jahrelang daran gearbeitet, die gesamten Prozesse aus dem Shop heraus fast vollautomatisch bis hin zur Logistik laufen und haben jetzt gesagt, die Umsätze sind jetzt so, dass wir jetzt quasi noch ein bisschen was drauflegen können und gehen jetzt erst in die Marktplätze rein.

Stefan Hamann: Und bei Ebay seid ihr wie lange jetzt schon?

Oliver Hohmeier: Vier Monate ungefähr, auch nur mit einem Testshop jetzt erst mal, das läuft schon sehr, sehr gut. Ja.

Michael Atug: Ja. Also Möbel bei Ebay ist nach wie vor eine gute Kategorie, würde ich sagen. Das war schon immer stark. Auch wie Autoteile oder so, hätte mich jetzt gewundert, wenn du was anderes sagst, aber das hört sich ja schon mal prima an.

Oliver Hohmeier: Ja.

Michael Atug: Okay, Stefan, hast du ne Frage? Sonst, Fragen haben wir glaub ich genug, ne?

Kpt. 4

Die Preis-Strategie in der Branche

Stefan Hamann: Fragen haben wir genug. Ja, ich hab tatsächlich mal so ein Beispiel aus der echten Welt. Und zwar war ich am Wochenende mit meiner Familie in einem Möbelladen, das war kein Möbelladen oder Möbelmarkt von euch, bei mir um die Ecke, weil wir ein neues Kinderbett kaufen wollen. So, und dann hatten wir uns ein Bett ausgesucht, hab ich die Verkäuferin gefragt: Ja was kann man denn da am Preis noch machen? – Ja, muss ich mal eben mit dem Chef sprechen. Ist dann wiedergekommen und hat mir 5 Prozent Rabatt angeboten, da ist mir erst mal alles aus dem Gesicht gefallen. Ich war schon fast wirklich angepisst, weil, und jetzt kommt eigentlich meine Frage, weil ja im Grunde durch diese Rabattschlachten. Also man kriegt ja regelmäßig dann Post nachhause mit 25 Prozent auf Küchen und 20 Prozent hier, 30 Prozent da, ist man ja als Verbraucher schon fast konditioniert, eine entsprechende Rabatterwartung mitzubringen, wenn man ein Möbelhaus betritt. Was ist denn da eure Strategie, was das betrifft? Kannst du das so nachvollziehen und hast Beispiele, die du selber auch kennst, oder sagst du, nee, da positioniert Ostermann sich anders?

Oliver Hohmeier: Ja, wir positionieren uns tatsächlich anders. Also es gibt ja, so wie du es schon gesagt hast, diese wahnsinnigen Rabattschlachten. Wir selber sehen das und das jetzt nicht seit kurzem, sondern schon seit sehr, sehr langer Zeit einfach als unglaubwürdig. Also bei uns ist eher so die Meinung, dass den Kunden, den wir haben möchten oder unsere Kunden, die wir heute haben als Stammkunden, dass die schon sehr mündig sind und letztendlich das rauskriegen, was unterm Strich steht. So und bei deinem Beispiel mit dem Kinderbett, das bringt ja nichts, wenn das, ich sage mal, künstlich hochgezeichnet wird, damit man ihm dann stationär irgendwelche Rabatte auf irgendeinen Prospekt noch geben kann. Das sind wir von der Strategie her oder von der Ausrichtung gar nicht, sondern wir wollen wirklich Multi-Channel spielen. In dem Moment funktioniert es ja auch gar nicht, wenn du zwei unterschiedliche Preise hast. Das heißt, wir gucken, dass wir marktübliche Preise haben – gerne auch den günstigsten – also da wir selber auch eine Preisgarantie aussprechen, ist das auch immer so ein Thema. Und damit es auch wirklich funktioniert, damit der Kunde, der uns online gefunden hat, aktuell sind das nach eigenen Umfragen 73 Prozent, die sich online bei uns informieren und dann in die Häuser kommen, und wenn du denen einen anderen Preis gibt’s, dann hast du halt gleich verloren.

Michael Atug: Aber ist doch schade, weil Stefan hat es ja im Prinzip gesagt, und man geht einfach – du kannst es ja, du musst ja theoretisch gesehen jetzt Aufklärungsarbeit leisten vor Ort mit dem Kunden und sagen: „Du, pass auf, bei uns ist das nicht so, weil…“ und das ist wirklich schade, da hat die Möbelbranche wirklich viel kaputt gemacht. Ich habe da selber letztens vor ein paar großen Playern in Bielefeld gesprochen – da waren fast alle Möbelhersteller da und so weiter – und da war das auch ein ganz großes Thema. Also es ist echt schade. Ich kann den Stefan da verstehen, ich weiß genau, was er meint: Man geht da hin und hat eine ganz andere Erwartungshaltung. Dann kommt auf einmal so ein Ostermann und sagt: „Nee, du. Wir haben ganz knapp kalkuliert, das sind unsere Preise, die sind top.“ Vielleicht reden wir noch über’s Skonto oder was weiß ich was, und das war es dann.

Oliver Hohmeier: Gut, wichtig ist ja für dich, was unterm Strich rauskommt. Und dann kann er gerne vergleichen gehen, dann wird unser Kunde auf jeden Fall merken, dass wenn er irgendwo 70 Prozent kriegt, letztendlich doch teurer einkauft.

Michael Atug: Was wäre denn so ein, ist jetzt vielleicht ein bisschen schwierig die Frage, aber was wäre denn ein typischer Ostermann-Kunde? Kann man die Frage überhaupt stellen?

Oliver Hohmeier: Also da ich Richtung Konzern denken muss: Also wir unterscheiden wirklich zwischen einem Ostermann- und zum Beispiel einem Trend-Kunden, weil Trends ist ja bei uns die Mitnahmeschiene, deutlich jüngeres Publikum und die Persona sind da tatsächlich ganz andere als bei Ostermann. Von daher ein bisschen schwierig gerade für mich zu beantworten.

Michael Atug: Naja, ich sehe ein, das ist schon eine schwierige Frage. Und die Kunden, die ihr so ranholt, sage ich mal, kommen die über den Preis? Wie bleiben die aktiv? Wie macht ihr das? Also wie ist da eure Strategie?

Oliver Hohmeier: Also die, die in den Online-Shop kommen – jetzt trenne ich mal zwischen online und stationär – die, die in den Online-Shop reinkommen, sind preisaffine Leute, die tatsächlich nach einem bestimmten Produkt gesucht haben. Bei Ostermann ist es klassisch, dass die nach Markenware suchen, gucken dann im Google Shopping, bei idealo, (unv.) Preissuchmaschine nach einem attraktiven Preis und kommen dann zu uns. Das ist ja das, was wir in den Analysen immer wieder feststellen. Dann kommt es letztendlich darauf an, dass du den entsprechenden Trust hast mit den entsprechenden Services dahinter. Also das ist so. Ich würde sagen, ein Möbelkauf ist auf jeden Fall preisgesteuert.

Kpt. 5

Oder wie man sich vom Wettbewerb absetzt

Stefan Hamann: Frage Generell so zum Wettbewerb, wir sind jetzt ja über den, ich sage mal Ostermann-Kunden, auch wenn jetzt klar ist, es gibt nicht so den Ostermann-Kunden, ist ein bisschen abhängig davon natürlich, in welchen Zielshops der sich auch reinbegibt, weil ihr unterschiedliche Ansprachen habt, alles soweit verstanden. Jetzt ist der Wettbewerb natürlich irgendwo in der Möbelbranche groß, und wenn man – ich habe tatsächlich, jetzt komme ich mit dem nächsten Echtweltbeispiel: Ich hab tatsächlich auch letzte Tage nach einem neuen Sofa gesucht, so ein Kino-Sofa für zwei Leute, und wenn du das irgendwo bei Google Produktsuche eingibst, oder egal wo, dann tauchen da ja unzählige Anbieter natürlich auf, die alle oder nicht alle, aber wo viele ja auch auf den Preis optimieren, also der Wettbewerb ist groß, der Markt ist hart. Der Preis kann natürlich ein USP sein. Glaubst du denn, dass das alleine ausreichend ist oder habt ihr weitere Services et cetera, wo du sagst, wir unterscheiden uns da nochmal stärker auch vom Wettbewerb?

Oliver Hohmeier: Also das, wo wir hinwollen. Die Frage gerade zielt ja hin: Woher kommen die Kunden heute? Und das, wo wir uns im Wettbewerb auch absetzen wollen, ist definitiv Serviceleistung, also, und damit meine ich jetzt nicht Richtung Logistik oder Richtung Aftersales, sondern eher was wir auf dem auf der Shop-Seite machen können. Also wir gehen stark davon aus, dass wir in drei bis fünf Jahren allerspätestens keine Möbel mehr verkaufen können, die wir nicht in einem 3-D-Konfigurator zum Beispiel haben. Wir gehen stark davon aus, dass wir auf jeden Fall AR brauchen. Das sind so Bereiche in denen wir heute schon arbeiten, also nicht nur so pilotmäßig, sondern wirklich in der Umsetzung sind, dass wir einfach sagen, wir wollen uns vom Wettbewerb absetzen, indem wir mehr Konfiguration haben, indem der Kunde sich oder hier dein Kino-Sofa kannst du dir dann komplett zusammendaddeln, ob das jetzt die Farbe ist, die Größe ist, Material, Zusatzfunktionen und so weiter, gibt es entsprechende Systeme schon heute in der Branche. Wir haben das jetzt dank eures Systems auch ein bisschen umsetzen können, dass wir da entsprechende Plug-ins haben, dass du das wirklich 3-D-mäßig alles konfigurieren kannst bis hin zum Warenkorb dann, also dann steht da auch ein echter Preis dran, es kommt dann nicht nur zum Angebot. Und das ist das, wo wir glauben, wo wir uns vom Wettbewerb – der sicherlich sehr, sehr groß ist – absetzen können: Flache Artikel kann irgendwie jeder verkaufen, das ist wirklich kein Problem, sondern hier geht’s um Varianten, Ausprägungen, Zusatzfunktionen, auch Zusatzverkäufe dann darüber tätigen.

Michael Atug: Das finde ich total spannend tatsächlich, weil ich auch persönlich glaube, dass eben diese flachen Produktdarstellungen echt ein Problem sind, gerade bei Preis, meine ich : Klar ist Preis ein Entscheidungskriterium, aber am Ende will ich ja ein Möbelstück kaufen, was jetzt auch dann zum Rest des Hauses passt, wo ich mir einfach vorstellen kann, dann über die Darstellung, wie es aussieht, wie es sich anfühlt sozusagen, wo ja Stoffmuster auch eine Rolle spielen, 3-D-Ansichten, wie du schon gesagt hast, vor allem aber auch hochwertige Bilder. Das ist ja häufig auch ein Problem. Dann wird man in irgendeinen Shop reingeleitet und hat dann, ich sage mal, ein Bild, 640 mal 480 irgendwie mit so einer VGA-Kamera abfotografiert, was ja einfach schwierig ist und wo ich mir vorstellen kann, das Konvertierter auch schwierig. Deswegen bin ich da total bei dir. Also diesen Innovationssprung im Markt auf der Ebene der Produktdarstellung, da sehe ich total viel Verbesserungspotential und auch super viel Musik in den nächsten Jahren, was ich auch glaube. Michael, letzte kurze Frage, dann darfst du wieder: Was ich auch glaube, was ein riesen Thema ist, sind tatsächlich die Lieferketten. Das hatten wir ja gerade so in Bezug auf die Corona-Situation noch mal verschärft und so weiter, aber ich finde es auch aus der Kundenperspektive, wenn man dann eben in einen Shop reingeleitet wird, der Preis ist attraktiv, die Optik passt, man hat sich ein Gefühl davon oder konnte Gefühle entwickeln wie das ganze wirkt, unNeud muss dann 16 Wochen warten bis es zu Hause steht. Siehst du da auch Potenzial, dass das in der Zukunft optimiert werden kann, dass einfach diese Lieferintervalle verkürzt werden können?

Kpt. 6

Optimierung der Lieferketten

Oliver Hohmeier: Ja, also ein ganz wichtiges Thema, glaube ich sogar, wenn man von einer Hierarchie spricht, so nach dem Preis ist das das nächste Thema, worüber man sich zum einen vom Wettbewerb absetzen kann, aber überhaupt auch ein Verkaufsargument hat, ist halt die Lieferzeit. Wir gehen da jetzt gerade den Weg, dass wir Richtung Dropshipping und Cross-Docking halt unterwegs sind, sparen zum Beispiel bei so einem Sofa dadurch vier Wochen fast ein. Also genau darum geht’s, die Lieferkette zu verkürzen. Die Produktion beim Lieferanten kriegt man ja nicht verkürzt. Die sind im Prinzip schon optimiert. Da kann man relativ wenig rausholen, aber den Weg, den wir gerade gehen ist, dass wir quasi einen komplett automatisierten Prozess haben von der Bestellung aus direkt bis über eine IDE-Bestellung zum entsprechenden Lieferanten und dass die das dann entweder im Dropship oder Cross Dock über die entsprechenden Logistiker direkt zum Endkunden dann bringen. Also viele der zukünftigen Artikel bei uns sehen unser Lager nicht mehr.

Michael Atug: Das ist richtig spannend. Und da geht’s ja dann schon sozusagen in die E-Commerce Trends so ein bisschen rein. Also ihr guckt halt, okay, was machen wir? Und habt dann, keine Ahnung, viele schlaue Köpfe da, die sich hinsetzen. Also ich höre jetzt schon raus, dass ihr euch da echt viele Gedanken macht. Also ich hab leider da mehrere Gespräche geführt in der Branche, wo es eben nicht so war, wie gesagt. Und wir haben, ich glaube, wenn ich richtig informiert bin, meine ich, wären es so acht, neun Prozent, sagen wir mal von mir aus 10 Prozent des Marktes sind ja im Prinzip erst aufgeteilt, die irgendwo an Ikea und Konsorten gehen. Da ist ja noch echt viel Luft nach oben. Also noch jede Menge, wo man was abgreifen kann. Wie kriegt ihr das mit? Wie entwickelt ihr Trends? Oder wie kriegt ihr Trends mit? Tauscht ihr euch viel auch mit anderen aus? Oder ist das so, seid ihr da so gute, also seid ihr so viele gute Fachleute, dass ihr einfach selber immer wieder auf gute Ideen kommt? Wie macht ihr das?

Kpt. 7

Entwicklung neuer Trends

Oliver Hohmeier: Also bisher hatten wir immer Glück, dass wir das quasi inhouse irgendwie rausgekriegt haben, aber natürlich guckt man sich auch auf Messen ein paar Trends an. Das Thema, was ich gerade hatte mit den 3-D-Konfiguratoren, das ist natürlich auch sehr stark von Software-Komponenten getrieben, was überhaupt machbar wird. Vorher, ich sage mal vor ein, zwei Jahren, brauchtest du nicht daran denken, dass du mal eine hochwertige Textur irgendwie auf den Monitor gekriegt hast, dass der Kunde auch wirklich gesagt hat: Ich kaufe jetzt ein hochwertiges Polster, weil es schick aussieht. Da sind wir jetzt erst technologisch hingekommen. Und das sind immer so Sachen, die kriegen wir teilweise durch Zufall mit, teilweise natürlich durch die entsprechenden Netzwerke. Also es ist ein bunter Blumenstrauß eigentlich von Informationen, die wir da versuchen zu verarbeiten. Grundsätzlich wir so, von der Philosophie her, probieren gerne mal Sachen aus, die müssen dann nicht immer sofort zum Ziel führen, aber damit wir einfach mal ein Gefühl dafür kriegen. Und ja, das ist eigentlich so, wie wir da agieren in dem Bereich.

Michael Atug: Ja cool, gerad, wo du gesagt hast, mit dem Dropshipping, da denke ich natürlich schon wieder ein bisschen weiter und denke, das ist ja echt nachhaltig. Ich meine, man spart ja da ohne Ende CO2. Das Ding muss gar nicht erst zu euch oder wieder in die Hand genommen werden und nochmal angefasst werden usw., ist natürlich schon alleine aus dem Gesichtspunkt her sehr schön, diese Lösung.

Oliver Hohmeier: Da wollen die Logistiker ja auch ein bisschen mit werben. Also wir sind da halt in so einem Pilotprojekt drin, auch mit dem Wirtschaftsministerium, und dann dementsprechende Logistiker. Und da geht’s genau darum, dass du das ganze CO2-neutral dann machen kannst, soweit das irgendwie geht. Aber ich sage mal, wenn du natürlich komplett vier Strecken quasi mit dem LKW sparst, nur weil du Dropshipping oder Cross Dock machst, das ist wirklich belastbar dann die Werte, die da hinten rauskommen.

Kpt. 8

Individualisierung und Automatisierung

Stefan Hamann: Du hast ja gerade auch über das ganze Thema Konfiguration gesprochen bei Möbeln, was ich auch total spannend finde, wo ihr, glaube ich, auch erste Ansätze schon macht, glaubst du, dass es in Zukunft sowas geben wird wie, ja, Print-on-Demand ist es, keine Ahnung, im Printbereich halt, also dass es wirklich möglich sein wird: Ich konfigurierbar mein individuelles Möbelstück und das ist innerhalb von, sagen wir mal drei Wochen, bei mir zuhause? Also dass die ganze Fertigung an sich noch viel stärker automatisiert wird, dass die Prozesse so weit automatisierten optimiert werden, dass sowas möglich ist, weil ich meine, das wäre natürlich genial, wenn du da im Prinzip in Zukunft diesen ganzen Trend hin zum Individualismus, wenn man das auch in der Möbelbranche noch viel, viel stärker lebt und vorfindet.

Oliver Hohmeier: Also überlegt haben wir das schon mal. Natürlich spricht man auch viel mit der Industrie. Das, was wir heute glauben, ist, dass es vielleicht irgendwann mal im Kastenmöbelbereich, also da, wo du wirklich heute klassisch Holzelemente hast, ich sage mal wie eine Kommode, irgendwelche Couchtische, solche Geschichten, die wirst du wahrscheinlich in dem Prozess abgebildet kriegen. Sobald man aber jetzt Richtung Polster geht, richtung Ledersachen, also da geht es ja sehr stark um Materialien, sehr viel um Naturprodukte, die dann auch das hochwertige Möbel ausmachen. Und darum glauben wir nicht, dass es da einen Trend gibt, dass das irgendwann mal ausstirbt, sondern das wird wahrscheinlich irgendwie so ein Cluster werden, wo man sagt, man hat Konsumware, die kann dann quasi live irgendwo produziert werden, und dann hast du weiterhin die Hochwerware, die aber weiterhin handwerklich irgendwie hergestellt wird.

Stefan Hamann: Ja, aber das sind schon zwei ganz unterschiedliche Bereiche in der Zukunft, weil eigentlich ja heute schon, oder? Also ich meine, diese klassische Möbelnutzung hat sich ja auch verändert. Wenn man heute in Couchtisch kauft oder auch einen Schrank oder wie auch immer, dann kauft man den ja nicht, weil man den 25 Jahre lang behalten will, sondern das ist ja fast auch schon ein Trendthema, ein Stück weit, versus hochwertige Möbel, die auch, ich sage mal, das Portmonee ganz anders belasten, die man so ein bisschen für die Ewigkeit kauft. Sind ja wahrscheinlich auch zwei ganz unterschiedliche Kundengruppen auch, oder?

Kpt. 9

Tendenz zur puristischen Einrichtung

Oliver Hohmeier: Ja, aber tatsächlich geht das so in dem Bereich, dass alles ein bisschen puristischer wird. Also ich sage mal, die Einrichtung heutzutage sieht ja ein bisschen anders aus als vor 10, 15 Jahren. Also dieses Thema mit Wohnwänden und großen Wohnlandschaften, wo sich die Leute da riesen Polster in die Wohnung gestellt haben und haben die auch noch 10 Jahre da gelassen. Das gibt es zwar noch, aber das wird ja weniger. Sondern heute geht es mehr so in den Konsumbereich, eher so ein bisschen kleinere Sachen. Also heute tackert sich ja keiner mehr irgendwelche großen Wohnwände an die Wand, sondern maximal irgendwelche Regalsysteme, die man schön dekoriert. Also dieses ganze Thema Stauraum, dass man unbedingt alles verstecken muss und so weiter, das gibt’s ja heute gar nicht mehr, oder nicht mehr so viel.

Michael Atug: Das waren noch krasse Zeit, erinnere ich mich doch gerne an das Wohnzimmer meiner Eltern zurück.

Stefan Hamann: Eiche rustikal.

Michael Atug: Junge, dieser riesen Holzschrank da drin, der war wirklich, der war so erdrückend und so braun.

Oliver Hohmeier: Ist heute eine komplette Nische. Eiche ?43 kannst du noch gut verkaufen an solche Leuchter.

Michael Atug: Shit, wir haben das Ding nicht mehr. Mist, hättest du mal vorher sagen sollen. Das ist ja auch gut so. Aber daran sieht man ja auch die Entwicklung, die draußen einfach stattfindet. Fünf-Jahres-Pläne kannst du vergessen, die Welt verändert sich so schnell, auch der Mensch und sein Konsum. Ich zum Beispiel, ganz ehrlich, ich hasse nichts mehr als ein vollgestopftes Wohnzimmer. Wenn ihr mein Wohnzimmer seht, da ist wirklich nicht viel. Da ist ein Sideboard hinten und das war es, und ich finde das einfach viel schöner. So Dinger, die erdrücken dann eine. Ja, da müsst ihr halt immer wieder ein Ohr für haben, ein Auge für haben, gucken, was wollen die Kunden?

Stefan Hamann: Absolut. Das ist mittlerweile so von Trends getrieben irgendwo der Möbelmarkt, finde ich, das erinnert schon fast ein bisschen an den Fashionmarkt. Also wenn man, ich bin jetzt nicht so oft im Möbelhaus, muss ich ehrlicherweise zugeben, aber jedes Mal, wenn ich dann mal da bin, dann hat sich doch irgendwie gefühlt die ganze Farbgebung insgesamt wieder sehr stark verändert. Und ich warte immer noch auf den Tag, wo mich dann wirklich Eiche rustikal als neue Trendfarbe wieder anlächelt. Das kommt bestimmt irgendwann. Jeder Trend kommt wieder.

Oliver Hohmeier: Ja, muss man mal gucken. Also wahrscheinlich hast du eher damit ein Problem, dass das Holz nicht mehr gefällt werden darf. Da geht’s ja auch um das Thema Nachhaltigkeit. Also so ein, zwei Trends gibt es, glaube ich, einfach nicht mehr, weil der Gesetzgeber da ein Riegel vormacht.

Kpt. 10

Einkaufserlebnisse in Möbelhäusern

Michael Atug: Wo der Stefan grad das sagt, das ist auch noch so ein Thema, was mich umtreibt bei Möbeln, ja, wie soll ich das jetzt sagen? Also pass auf, ich sitze jetzt auf meinem Sofa, auf meinem alten Sofa und ich brauche ein neues Sofa. Ja, dann bestelle ich es mir doch einfach online auf dem Sofa, statt irgendwie jetzt in so ein Möbelhaus zu gehen. Also was ich sagen muss – jetzt mal unabhängig von diesen ganzen Rabattklamotten und so – man blickt nicht mehr durch: 20 hier und 30 da, und wenn du das und bla bla, egal, so ein Möbelhaus. Wenn ich jetzt so meine Frau sehe: Die will, für die ist das so ein Erlebnis, die will dahin, das muss schön sein! Allein schon draußen muss das super aussehen. Und das ist ja auch irgendwie – klar die neueren Paläste, die haben sowas vielleicht, aber wenn du so ein paar andere siehst, wie schafft man es vielleicht mal, das ein bisschen spannender zu machen, ein bisschen schöner, die Ausstellungsfläche selber? Also wenn du da teilweise in so Dinger reingehst: Ja, schön. Dann gehst du einmal irgendwie im Kreis und bist da durchgegangen. Wie seid ihr da aufgestellt? Habt ihr das so ein bisschen moderner, oder gibt’s da irgendwelche Strategien? Ich hab jetzt leider nicht dieses Teil vor Augen…Also es gibt so ein Möbelhaus, was ich gesehen hab, wenn du das von außen siehst, da sagst du: „Wow, da musst du mal reingehen.“, also du hast das Gefühl, du musst in den Laden reingehen. Das fehlt so ein bisschen bei diesen Möbelhäusern. Also warum soll ich mir mein Sofa nicht auf meinem Sofa bestellen? Warum soll ich da vorbeikommen? Nur wegen dem Schnitzel und Pommes für fünf Euro oder was? Da tu ich mich schwer!

Oliver Hohmeier: Grundsätzlich hast du recht: Also wir hoffen natürlich sehr, dass unsere Gebäude von außen so aussehen dass du sofort reinkommen würdest! Nein, aber innen drin ist es tatsächlich so, dass wir an das Thema Digitalisierung glauben. Also so wie du schon gerade gesagt hast: Der Kunde, der heutige Kunde, der junge Kunde oder der in Zukunft, der wird wirklich auf seinem Sofa sitzen und wird sich sein neues Sofa bestellen, weil er auch weiß, er kann es wieder zurückgeben. Das wird abgeholt, das ist ja so eine Rundum-Sorglos-Nummer. Das, wo wir unsere Chancen sehen ist, weil wir haben ja relativ große Flächen, dass wir einfach sagen: Wir bieten dem stationären Kunden die gleichen Vorteile die er auf seinem Sofa hat zu Hause, nur dass er es hier bei uns noch anfassen und ausprobieren kann. Also das, wo ja viele auch auf das Thema Haptik kommen, auf Hochwertigkeit, das kriegst du halt digital nicht rüber, und das, was wir jetzt versuchen, ist, dass wir entsprechende POS-Terminals haben, also auch wirklich hochwertige Sachen. Wir haben da durch Zufall jetzt Shopware bei uns auf der Fläche, wo der Kunde quasi im Haus selber konfigurieren kann, und wenn er aber fertig ist kann er sich auf dieses Sofa zum Beispiel draufsetzen. Also das, was früher so üblich war: Du hast eine Stoffflasche in die Hand gedrückt gekriegt, wo irgendwie 300 Stoffe drin waren, das frustriert, ja? Also die Auswahl ist ja riesig, und weil sie so riesig ist, hast hast du als Kunde so ein bisschen Frust dahinter. Und wir wollen jetzt quasi – also wir denken auch Richtung 24/7 Store – dass der Kunde sich alles im stationären Handel quasi selber zusammenbauen kann, bis hin zum Endpreis. Wenn er halt einen Verkäufer braucht, einen Berater, dann kann er sich den dazurufen, oder wenn er sagt: „Ich muss mal was anfassen, ich muss mal ein Material sehen. Ich muss das mal von der Haptik irgendwie spüren und beurteilen.“, dass er das dann auch kann. Also für uns ist es wirklich das Thema Digitalisierung: So wollen wir es lösen.

Stefan Hamann: Also immer stärkere Verschmelzung von Online und Retail, sodass ein ganzheitliches Einkaufserlebnis entsteht, oder?

Oliver Hohmeier: Ja, da geht’s ja auch viel drum, wenn du jetzt stationär was gesehen hast: Der Kunde kauft im Regelfall hochwertige Sachen nicht sofort, sondern der will sich das nochmal überlegen. Im schlimmsten Fall will er nochmal zum Wettbewerber gehen. Wir geben dem heute halt entsprechende Links mit oder QR-Codes oder was auch immer er haben will mit dem, was wir ihm jetzt hier zusammenkonfiguriert haben, und dann kann er das Zuhause dann am Sonntag halt in den Online-Shop legen und (unv.) weitermachen. Genauso machen wir es umgekehrt. Wenn er es sich zu Hause zusammengedaddelt hat, kann er damit hier ins Haus kommen. Wenn alles richtig läuft, können wir das hier auflösen und können an der gleichen Stelle dann weitermachen. So, und das sind so Sachen, wo wir hoffen, dass wir halt beide Welten miteinander verschmelzen können.

Kpt. 11

Antiquierte Prozesstechnik als Showstopper

Stefan Hamann: Habt ihr denn so zum Thema In-House-Technik, also das hatten wir gerade im Vorgespräch so ein bisschen, hast auch erzählt, ihr seid ja Shopware-Kunde und ihr macht auch super viel inhouse, was euch natürlich dann auch, ich sage mal, schneller macht vermutlich. Ihr könnt Dinge, die ihr im Kopf habt, auch ausprobieren, schneller ausprobieren möglicherweise dann als der Wettbewerb auch. Flexibilität ist da das Stichwort. Wie stark behindert euch denn dabei, ich sage mal, antiquierte Prozessetechnik? Keine Ahnung. Also ich kenne auch Möbelhäuser, die immer noch mit ERP-Systemen aus dem DOS-Kontext arbeiten oder wo zumindest die Monitore so aussehen als wenn das der Fall ist. Ist Ostermann da schon sehr modern aufgestellt? Ist diese ganze Prozesskette zwischen den unterschiedlichen Systemen, arbeitet das Hand in Hand oder gibt es da immer noch viele Reibungsverluste oder Dinge, die euch dann auch bei der täglichen Innovation behindern?

Oliver Hohmeier: Also glücklicherweise gibt es sie nicht mehr. Aber das ist natürlich etwas, wo man natürlich mit mir zu kämpfen hatte. Also unsere Warenwirtschaft selber ist auch noch ein ERP-System. Das Ding ist 18 Jahre alt. Das ist halt bei so einem klassischen Möbler auch so, da sind die ERPs schon in die Jahre gekommen. Und wir haben das jetzt halt so gelöst, dass wir Shopware quasi auf die Fläche gebracht haben, haben da so eine Instore-Lösung draus gemacht, um alle – ich sage mal – Technologien die der Kunde zuhause ja auch kennt, dass wir die auch auf der Fläche nutzen können. Also wir haben quasi nur eine Middleware dazwischen gehängt, dass wir einfach sagen, das ERP-System spricht mit unseren Instore-Shopware-Systemen, und das machen die auch live über entsprechende APIs. Und ja, so haben wir das quasi ausgehebelt, dass eine alte, ich sage mal etwas träge Warenwirtschaft, kriegst du dann trotzdem an den POS oder an den Berater mit neumodischen Dingen, egal ob das jetzt Konfigurator ist oder ein AR-System, oder was auch immer.

Kpt. 12

Ostermann und Social Media

Michael Atug: Sag mal, mal ein bisschen zur Seite gehüpft – Social Media-technisch: was macht ihr da so? Seid ihr da viel unterwegs? Insta? Macht ihr da irgendwas, oder eher gar nicht?

Oliver Hohmeier: Wir machen immer mehr. Also wir sind sehr Facebook-lastig. Ich glaube, wie alle, die irgendwann mal mit Social Media angefangen haben. Tendenz geht gerade so ein bisschen Richtung Insta rüber, weil wir das auch so betreiben möchten. Wir machen ein bisschen Pinterest. Ja, also wir sind für uns damit sehr, sehr zufrieden. Wir haben einen eigenen Social-Media-Manager bei uns im Haus, wir machen relativ viel über die entsprechenden Werbe-Manager-Sachen, bewerben also auch sehr, sehr viele Sachen, aber sehr stark Social Media nicht für die Online-Shops, sondern eher für die Unterstützung des stationären Bereichs.

Michael Atug: Ja okay, da, das wäre auch meine Frage gewesen: Social Media-Manager, das ist ja auch schon so ein Problem. Wenn ich dann irgendwo in einer großen Firma sitze bei irgendeiner Beratung, dann heißt es dann oft: „Ja, wir haben da jetzt eine Dame aus dem Verkauf, die macht da noch ein bisschen das Social Media bei uns mit.“ Da denke ich dann immer: „Okay, hier wird richtig Mille, die da durchgehen“, und dann haben die da irgendwie so jemanden sitzen: Lasst ihr den denn auch machen, diese Person, also wenn der jetzt um die Ecke käme und sagt: „Hey Mann! Ich will jetzt hier TikTok starten, will einfach mal ein bisschen rumexperimentieren!“ : Darf der sich da ausleben, oder ist das schon so ein bisschen so eher Konzerndenken? „Oh, da müssen wir mal gucken“ und oh je, oh je?

Oliver Hohmeier: Also wir haben glaube ich, das Glück für uns, dass wir eine sehr flache Hierarchie haben: Das heißt, wenn so eine Idee entsteht, ist das tatsächlich einmal kurz mit mir und einem der Inhaber abgestimmt. Darum kriegen wir relativ viel, ich glaube, Innovation oder neue Sachen halt durch. Das ist das, was ich gerade auch gesagt habe: Wir probieren sehr gerne sehr viele Sachen aus. Letztendlich muss es uns irgendwo immer Umsatz bringen: Also entweder müssen wir unseren Brand stärken oder wir brauchen den Umsatz. Und das ist, glaube ich, bei diesen Social Media-Sachen für so einen Retailer wie uns immer ein bisschen schwierig: „Wie ist die Abgrenzung? Was machen wir in welchem Bereich?“, aber grundsätzlich haben die schon freie Hand, ja.

Kpt. 13

Retouren von Möbeln

Michael Atug: Okay, ja. Dann habe ich noch eigentlich eine Kleinigkeit, die mich so interessieren würde, denn ich bin ja auch der sogenannte Retourensohn, also Retourensohn.de ist meine Seite, kannst du ja mal angucken, wo ich mich mit dem Thema Retouren und Nachhaltigkeit und so weiter auseinandersetze.

Stefan Hamann: Ein richtiger Retourensohn!

Michael Atug: Aber sowas von! Wie muss ich mir das vorstellen? Ein Kunde bestellt jetzt das Sofa und sagt: „Ne, will ich nicht.“, aber er hat halt das Widerrufsrecht. Und das ist ja – wie du schon gerade sagtest beim Gespräch – das ist ja das Geile, also ich meine, wie geil ist das denn? Du bestellst ein Sofa, stellt es zu Hause hin und setzt dich drauf und sagst: „Nö, gefällt mir nicht, gebe ich zurück.“ Das ist natürlich die Hölle für uns Händler, ja? Ich bin ja auch noch Händler, ganz nebenbei, nicht so wie Stefan, jetzt zum Beispiel. Aber was macht ihr damit? Also geht das dann in den Schredder – ich übertreibe jetzt mal – oder geht das in ein gewisses Möbelhaus wo dann so Sachen angeboten werden? Das würde mich vielleicht noch interessieren?

Oliver Hohmeier: Also wir haben wir auch da ganz unterschiedliche Retourenprozesse. Kommt jetzt immer darauf an: Also wenn es ein Standardartikel ist, sagen wir mal, dein Sofa, was du gerade gekauft hast, ist ein Standardprodukt, was wir auch am Lager haben. Dann kommt das nach dem Retourenprozess zu uns, wird begutachtet: „Ist das tatsächlich unverändert?“ Dann würde es bei uns in den Bestand gehen und beim nächsten Mal wieder mitverkauft werden. Das ist aber natürlich bei Großmöbeln fast nie der Fall, weil du aufgrund der Logistikstrecken ja immer irgendwas dran hast. Und dann haben wir bei uns mehrere Folgeprozesse: Also zum einen haben wir ein Lagerverkauft, wo solche Produkte hingehen. Bei uns in den Häusern haben wir sogenannte Abverkaufsflächen, wo wir Ware platzieren können, oder wenn die Ware noch so gut ist, weil es Hochwertware ist, dann platzieren wir die tatsächlich in der Ausstellung, und der Kunde kann sie dann als Musterstück aus der Ausstellung rauskaufen. Also wir müssen gottseidank noch nicht mit irgendwelchen Vernichtungssachen umgehen oder mit irgendwelchen Leuten, die uns das dann in großen Kubikmetern abkaufen und dann doch wieder vernichten, sondern das kriegen wir noch alles mit den eigenen Prozessen hin.

Michael Atug: Okay, ja, danke! Also ich hätte nur noch eine kleine Frage zum Schluss gleich: Stefan, was hast du noch auf dem Kerbholz hier?

Stefan Hamann: Mich würde Eure technologischen Trends interessieren.

Kpt. 14

Was Ostermann für die Zukunft plant

Oliver Hohmeier: Also ich hoffe schon, dass es für uns oder für die Branche ein paar größere Themen sind, also habe ich ja gerade schon angesprochen, da geht es einmal so um 24/7 Stores. Da gehts darum, dass wir gerade an dem Thema Self-Checkout dran sind, also die ganzen Paymentprozesse mit Warensicherung und so weiter. Wir sind an dem Thema VR dran für die Fläche. Also das ist ja auch so ein Digitalisierungsding, dass du dann irgendwie auf deinem Sofa sitzt und kannst es dir dann über die VR-Brille auch angucken. Ein bisschen gucken. Zuhause wollen wir halt AR machen, oder im Haus dann VR. Das sind so Themen. Ja, und dann das ganz große Thema für uns halt wirklich diese Konfiguratoren, das ist so ein Thema, was jetzt bei uns seit einem Jahr gelebt wird. Also wir sind sehr stark in der Digitalisierung von Möbeln in dem 3-D-Design drin, und das muss halt in Masse quasi ausgerollt werden: Das ist eigentlich so das größte Thema, was wir haben.

Stefan Hamann: Ja, was habt ihr da so, prozentual? Also wenn man sagt, 100 Prozent der Produkte: Bei wieviel Produkten habt ihr aktuell schon, ich sage mal, entweder einen Konfigurator, einen visuellen, oder eben wo 3-D-Modelle, die ihr dann für AR, VR oder wie auch immer verwenden könntet?

Oliver Hohmeier: Ach, kann ich dir prozentual gar nicht sagen, weil das wird wahrscheinlich so gering sein. Ich hab ja gerade gesagt, wir haben 140.000 Artikel online gerade, also selbst im Möbelbereich sind wir da irgendwie so bei knapp 47.000, glaube ich. Also die Prozentzahl, die ist so verschwindet gering.

Stefan Hamann: Seid ihr denn darauf angewiesen, dass ihr die Dinger dann vom Lieferanten zur Verfügung gestellt bekommt, oder erstellt ihr auch selber – keine Ahnung – 3-D-Modelle, oder?

Oliver Hohmeier: Ja, wir erstellen selber, weil die Industrie, also der Möbler an sich oder der Lieferant ist ja eher so ein bisschen träge. Das haben wir ja gerade schon gehört. Michael hat das ja auch schon berichtet, wenn er da mal vor ein paar anderen Leuten spricht. Also da ist die Branche, glaube ich, schon sehr, sehr träge. Darum gehen wir momentan den Weg, dass wir die selber produzieren lassen.

Michael Atug: Oliver, wird sich das ändern?

Oliver Hohmeier: Nein!

Michael Atug: Ich meinte die Branche, dass sie träge ist?

Oliver Hohmeier: Nein! Das ist ein ganz klares – ich mache es jetzt seit 29 Jahren, ich sage ganz klar: „Nein!“

Kpt. 15

Das Geheimnis nachhaltigen Erfolgs

Michael Atug: Geil, das ist eine geile Aussage! Also ich muss dir leider sagen, so hab ich das auch empfunden dann den Tag. Aber da komme ich eigentlich zu meiner letzten Frage oder was ich eigentlich nochmal in den Ring werfen wollte, weil das feiere ich ja so hart ab, ne, das muss ich einfach am Schluss noch loswerden: Ihr seid ja unfassbar lange dabei. Also ihr habt euch schon Gedanken über online gemacht, da haben die anderen noch in die Windel irgendwie keine Ahnung irgendwas gemacht. Ihr seid, wenn ich die Zahl sagen darf, oder wenn ich richtig informiert bin, 1995 – also da war vielleicht gerade mal Boris da mit „bin ich drin?“ oder so – Ich weiß es gar nicht, wann der da so weit war. Wie kam es denn dazu? Also ich meine, das finde ich wirklich, wirklich außergewöhnlich. Ja, viele andere kam ja immer irgendwie, irgendwann mal, also wir müssen jetzt auch mal machen. Aber zu der Zeit online zu starten oder überhaupt darüber nachzudenken, da musst du uns nochmal ganz kurz zu abholen. Das finde ich schon wirklich extrem außergewöhnlich!

Oliver Hohmeier: Also ich glaube, das war ein purer Zufall: Also zu sagen, das war jetzt strategisch damals schon so angedacht, wäre sicherlich gelogen. Nee, wir haben damals die Trends.de gekauft, die Domain, und ja, fanden wir einfach ziemlich klasse. Und ja, wir haben natürlich mit Trends, auch mit diesen Mitnahmeartikeln auch Artikel, die selbst damals schon dazu bereit waren, dass man sie auch mal verschicken konnte, ne? Also es war jetzt sicherlich nicht so, dass wir ’95 schon irgendwelche vollautomatischen Prozesse hatten bis hin zur Logistik. Aber ich sage mal, wenn andere so ein bisschen über eine Visitenkarte nachgedacht haben, haben wir schon mal über Mail oder über die ersten Warenkorbfunktion schon die ersten Möbel – das waren auch noch keine Sofas – ich glaube, das größte, was wir damals hatten, waren irgendwelche Sessel und so weiter – haben wir halt versucht zu vertreiben. Und ja, das waren so auch die ersten Gehversuche ja om Zweimannhandling aus der Logistik, die gab’s ja damals auch noch nicht. Da musstest du noch überlegen, ob du das Ding auf eine Palette tackerst und mit (unv.) Folie einpackst, oder wie du es überhaupt zum Endkunden kriegst.

Michael Atug: Geil, echt!

Stefan Hamann: Ja, absolut beeindruckend!

Michael Atug: Cool. Echt cool!

Stefan Hamann: Sehr schön! Oliver, vielen, vielen Dank.

Oliver Hohmeier: Gerne.

Stefan Hamann: Hat uns wirklich Spaß gemacht, und lass uns gerne nochmal irgendwann ein Special machen zu dem ganzen Thema AR, VR, 3-D und so weiter: Das finde ich total total interessant, ich bin da voll bei dir. Ich glaube, dass das ein wichtiges Innovationsthema werden wird für die Möbelbranche.

Oliver Hohmeier: Ja, können wir gerne machen.

Michael Atug: Jo, von mir auch aus: Danke auch an Stefan, natürlich, und ja – bis demnächst, würde ich mal, sagen, ne?

Oliver Hohmeier: Prima.

Stefan Hamann: Bleib gesund. Bis bald!

Michael Atug: Ciao!

Kommentare